In einer rechtsweisenden Entscheidung und im verstärkten Senat (3Ob 9/23d) hat der OGH definiert, dass eine missglückte Verhütung (Sterilisation) mit jenen Fällen gleichgestellt wird, bei denen eine Abtreibung wegen falscher Pränataldiagnostik unterblieben ist
Die bisherige Judikatur differenzierte zwischen Fällen der unerwünschten Empfängnis („wrongful conception“) eines gesunden und der unerwünschten Geburt („wrongful birth“) eines behinderten Kindes. Daher erfolgte die Entscheidung in einem verstärkten Senat.
Miklautz: “Der OGH hat mit dieser Judikatur den Schutzzweck des ärztlichen Behandlungsvertrags dermaßen erweitert bzw. genauer definiert, dass ein medizinischer Eingriff, der eine Empfängnisverhütung bezweckt (z.B. Vasektomie oder Eileiterunterbindung) ebenso die finanziellen Interessen der Mutter bzw. Eltern an der Verhinderung der Empfängnis bzw – bei Vorliegen der embryopathischen Indikation – der Geburt eines Kindes, betrifft.“
Laut diesem Urteil stellt der OGH klar, dass „bei fachgerechtem Vorgehen bzw. ordnungsgemäßer Aufklärung der Mutter (der Eltern) nicht empfangen bzw. nicht geboren worden wäre“. Als Resultat hafte der der Arzt insbesondere für den für das Kind zu tragenden Unterhaltsaufwand.
Darüber hinaus bestätigte der OGH die bisherige Rechtsprechung, dass Eltern, die sich angesichts einer schweren Behinderung des Kindes bei gehöriger Aufklärung durch den Arzt für einen (rechtmäßigen) Schwangerschaftsabbruch entschieden hätten, insbesondere der gesamte Unterhaltsaufwand, also nicht bloß der behinderungsbedingte Mehrbedarf, zu ersetzen ist.
Fazit: Ärztefehler im Bereich der Empfängnisverhütung können ab sofort öfter zu Schadenersatz wegen Geburten führen als bisher.